„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt darauf an, sie zu verändern“ (Karl Marx)

Thursday, August 02, 2007

Von der Delegitimierung des barbarischen Kapitalismus

Hier gelangt man zur Einleitung der Serie

Teil 1. der Serie: Der Materialismus

Teil 2. der Serie: Kapital, Mehrwert und Akkumulation

Teil 3. der Serie: Entfremdung


Von liberalen und konservativen politischen Beobachtern und Wirtschaftswissenschaftern ist immer wieder zu hören und zu lesen, dass die weltweite Armut, Hunger und Elend nur aus aus den Schranken entsteht die den Kapitalismus bremsen. Mit anderen Worten: Würde das (neo-) liberale Wirtschaftsmodell mit dem wohl gepriesenen weltumspannenden Freihandel nicht immer von Schutzzöllen völlig verartmer Fünftereweltländer, durch Gewerkschaften und sozialstaatliche Abgaben gebremst, lebten wir im Paradies auf Erden.

Wir stehen also in der heutigen Debatte um die gesellschaftliche Zukunft vor einer Einbahn der Argumente: Der Kapitalismus, freilich wird eher der Begriff Marktwirtschaft verwendet- ist naturgesetzlich legtimiert. Punkt. Dieser Festschreibung der wirtschaftlichen Gesetzte, eingebettet in eine prinzipielle Alternativlosigkeit, ist es schwer mit Argumenten entgegenzutreten.
Deshalb bedarf es einer kritischen Theorie, welche die Verhältnisse anfechtet. Diese Kapitalismuskritik hat mit Karl Marxeine schlagkräftige Basis.

Marx zeigt im ersten Band des Kapitals, dass die Enstehungsgeschichte des Kapitalismus entgegen den Interpretationen bürgerlich- konservativer Wissenschaftler keinesewegs eine Erfolgsgeschichte ist. Am Beispiel Engalnds zeigt er trefflich mit welcher Gewalt und Ausbeutung der Übergang von der agrarischen zur industriellen Wirtschaft erfolgte und wie einseitig und blind die Eliten für die gesellschaftlichen Entwicklungen waren:

„Die ökonomische Struktur der kapitalistischen Gesellschaft ist hervorgegangen aus der ökonomischen Struktur der feudalen Gesellschaft. Die Auflösung dieser hat die Elemente jener freigesetzt. Der unmittelbare Produzent, der Arbeiter, konnte erst dann über seine Person verfügen, nachdem er aufgehört hatte, an die Scholle gefesselt und einer anderen Person leibeigen oder hörig zu sein. Um freier Verkäufer von Arbeitskraft zu werden, der seine Ware überall hinträgt, wo sie einen Markt findet, mußte er ferner der Herrschaft der Zünfte, ihren Lehrlings- und Gesellenordnungen und hemmenden Arbeitsvorschriften entronnen sein.
Somit erscheint die geschichtliche Bewegung, die die Produzenten in Lohnarbeiter verwandelt, einerseits als Befreiung von Dienstbarkeit und Zunftzwang; und diese Seite allein existiert für unsre bürgerlichen Geschichtsschreiber.
Andrerseits aber werden diese neu befreiten erst Verkäufer ihrer selbst, nachdem ihnen alle ihre Produktionsmittel und alle durch die alten feudalen Einrichtungen gebotenene Garantien ihrer Existenz geraubt sind. Und die Geschichte dieser ihrer Expropriation ist in die Annalen der Menschheit eingeschrieben mit Blut und Feuer“ (Karl Marx, Das Kapital).

Marx zeigt schon treffend in der kaptalistischen Entstehungsgeschichte, dass es nicht mehr um eine Produktion zum Nutzen oder zur Befriedigung von Bedürfnissen geht, sondern nur mehr um eine Produktion als Selbstzweck. Dieses System funktioniert nur durch eine ständige Anhäufung von Geld und Kapital und eine grenzenlose Ausdehung des Raumes (siehe auch andere Marx Serien). Obwohl dieser wirtschaftliche Automatismus einer ständigen Konkurrenz aller gegen alle auch die sogeannten Kapitalisten- sprich Manager, Firmenchefs,etc- unterworfen sind, können die Protagonisten nicht frei gesprochen werden: Der ökonomische Zwang wird immer von voll zurechnungsfähigen Individuen ausgeführt, reproduziert und paradoxerweise eben auch gepriesen.

Es ist auf jeden Fall spannend diese Passagen bei Karl Marx zu lesen, da man hier realisert warum wir heute eine Wirtschaftssystem als Naturgesetzt sehen.

„Im Fortgang der kapitalistischen Produktion entwickelt sich eine Arbeiterklasse, die aus Erziehung, Tradition, Gewohnheit die Anforderungen jener Produktionsweise als selbstverständliche Naturgesetze anerkennt. (...) der stumme Zwang der ökonomischen Verhältnisse besiegelt die Herrschaft des kapitalisten über den Arbeiter“ (Karl Marx, Das Kapital).

Es geht also darum zu zeigen, dass Marx eine Art von Kritik formuliert, welche auch die gesellschaftlich und soziale Dimension der kapitalistischen Entwicklung verfolgt. Alternativen lassen sich wie Marx zeigt, nur durch eine radikale Infragstellung tradierter Abläufe formulieren, eben „aufzeigen, nachweisen, entlarven, in einem kleinen kritischen Säurebad Mythen und Fetische zu zerstören“ (Jean- Paul Sarte)

Auf den Punkt gebracht formuliert Robert Kurz:

“Das Rad der Zeit kann und soll natürlich nicht zurückgedreht werden, aber vielleicht bedarf es einer völligen historischen Delegitimation des Kapitalismus, der völligen Negation seiner angeblichen Fortschrittlichkeit in irgendeiner Hinsicht, um überhaupt jemals mit ihm Schluß machen zu können“.

Literaturhinweise:

Karl Marx. Das Kapital- Kritik der politischen Ökonomie, Körner Verlag

Robert Kurz. Marx Lesen. Die wichtigsten Texte von Karl Marx für das 21. Jahrundert, Eichborn

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